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Gründergeist in Berlin

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Berlin: Einkaufen erledigt, coole neue Schuhe gekauft und nun … endlich Ruhe. Mal nachdenken, mal abschalten. Gar nichts denken. Ist das möglich? Nein.

OK. Ich sitze in Berlin in einem Café und trinke meinen Latte Macchiato mit Sojamilch und denke nach, was gerade um mich herum passiert. Weil nichts denken geht halt nicht, ich kann es mal wieder nicht lassen.

Denn neben mir sitzen ein paar junge Menschen (vielleicht 20!) und unterhalten sich über ihre Gründung. Eine Art Social Community für Sozialarbeiter (ich habe das meiste nicht verstanden, schon gar nicht das Geschäftsmodell). Neben mir sitzen Amerikaner (oder was auch immer) und quasseln über Big Data. Diese Stadt wirkt so krass international, wild und ohne Ordnung. Fast schon abenteuerlich, neu und das macht mich neugierig. Gründergeist schwirrt herum.

Mal schnell eine Firma gründen, ein Projekt machen und los geht’s. Das ist der Spirit von Berlin. Das was eigentlich Deutschland noch fehlt. Mut zur Lücke und los mit der Gründung. Darum geht es heute auch in der Politik, bei Investoren und manchmal auch in der Bild Zeitung.

Die Gründer sprechen darüber, dass sie das Stammkapital zusammen leihen müssen und mit einem Mal wird mir klar, dass ich in diesen jungen Leuten noch keine Unternehmer sehe. Sie werden sich wahrscheinlich jung verschulden und sie machen das nur, weil sie einem Unternehmergeist folgen, der zum Teil unecht und unaufgeklärt erscheint. So als würden sie ein paar BarCamps und paar schlaue StartUp Bücher gelesen haben. Und dann mal schnell eine Firma gründen, ein Projekt machen, kann am Ende doch zum Chaos führen. Denn ein Business Canvas reicht nicht aus, um am Ende einen Kunden zu gewinnen. Die StartUp Bücher werden geschrieben, nachdem die Leute schon Erfolg hatten. Das vergessen sehr viele.

9.000 Gründungen pro Jahr verzeichnet die Internet-Branche. Laut Minister Rösler (siehe Bild von gestern, mit meinem Partner Thomas Bachem), sollen es 18.000 im Jahre 2020 werden. Das hat er gestern Abend gesagt.

Die meisten Gründer, die im Strom der Entrepreneurs-Vernunft schwimmen wollen, sind aber im Grunde genommen keine Entrepreneure. Sie sind junge coole Wilde, mehr aber erst mal nicht. Sie werden wahrscheinlich sehr bald die Wahrheit über die Verantwortung gegenüber Investoren, Kunden und Mitarbeiter erfahren. Das wird sie stressen und sie werden fühlen, was es wirklich bedeutet, Unternehmer zu sein. Sie steigen also nun in diese Achterbahn, und wenn sie losfährt, wird ihnen schwindelig, sie werden kotzen und nicht einfach wieder aussteigen können.

Die wenigen wirklich erfolgreichen Unternehmer (und die echten Zahlen haben wir leider nicht – auch die können nur mit Wasser kochen), scheinen ein Bild zu erzeugen, das einem Goldrausch gleicht. Wer nicht dabei ist, ist nicht so richtig cool.

Und nun? Ich bin verwirrt. Hat Berlin vielleicht einen Traumzustand erreicht? Vielleicht ist es nur ein Seiltanz. Vielleicht muss das ja genau so sein!

Original Post: Facebook Feed vom 29.08.2013


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